Programmheft
Programm
Ludwig van Beethoven (1770 - 1827)
Sonate für Klavier und Violine D-Dur op. 12 Nr. 1
Allegro con brio
Thema con Variazioni. Andante con moto
Rondo. Allegro
Sonate für Klavier und Violine c-Moll op. 30 Nr. 2
Allegro con brio
Adagio cantabile
Scherzo. Allegro
Finale. Allegro – Presto
Zum Programm
Die Sonate für Klavier und Violine war eine beliebte Gesellschaftskunst des späten 18. Jahrhunderts, bei der der Klavierpart im Vordergrund stand und die Violine lediglich eine Begleitfunktion inne hatte. Schon Mozart bemühte sich in seinen späten Duosonaten um ein ausgewogeneres Verhältnis der beiden Instrumentalparts. Diesen Weg wählte auch der junge Ludwig van Beethoven in seinen 1798 erschienenen drei Violinsonaten op. 12. Zwar ist in diesen Stücken das Klavier vor allem in den brillanten Ecksätzen dominierend, aber es kommt immer wieder zu reizvollen Dialogen der beiden Instrumente und – vor allem in den Mittelsätzen – zu ausdrucksvoller melodischer Verdichtung.
Beethoven war seit seiner Zeit in der Bonner Hofkapelle, in der er als Geiger aushalf, mit dem Violinspiel bestens vertraut und verfeinerte dieses auch nach seiner Übersiedlung nach Wien. Zehn Sonaten für Klavier und Violine hat er komponiert, fast alle in jüngeren Jahren, doch bis auf die Frühlings- und die Kreutzersonate werden sie selten im Konzert gespielt. Insgesamt stehen die Violinsonaten im Schatten von Beethovens gigantischem Sonatenschaffen für Klavier solo.
Die Violinsonaten op. 30 lassen deutlich erkennen, dass Beethoven dieses Genre auf dem von ihm bereits in den fünf Jahre zuvor erschienenen Sonaten op. 12 eingeschlagenen Weg weiter voranbringen wollte. Formal stattete er sie im Geiste Mozarts mit zwei schnellen Ecksätzen, die einen langsamen Mittelteil umrahmen, aus. Aber schon seine Sonate op. 30 Nr. 2 gehorcht nicht mehr dieser Tradition, sondern wartet vor dem Finalsatz mit einem Scherzo auf. Hatte Mozart begonnen, die Violine aus ihrer rein begleitenden Funktion zu lösen und zu einem gleichberechtigten Duo-Partner des Klaviers zu machen, so orientierte sich Beethoven auch hier an diesem Vorbild und schrieb seine Sonaten für zwei Instrumente, die so sehr miteinander verflochten sind, dass keinem der beiden mehr eine Melodie- oder Begleitstimme zugewiesen werden kann.
Darüber hinaus aber weisen die Sonaten auch eine ausgesprochen individuelle Ausprägung auf. Er erhöhte nicht nur den spieltechnischen Anspruch und schaffte dadurch hochkomplexe Konzertduos. Sein Streben nach einem „neuen Weg“, wie es sich etwa im heroischen Stil der Sinfonien Bahn brach, wirkte sich auch auf die kammermusikalischen Violinsonaten aus. So erzeugte er in den schnelleren Sätzen durch unaufhaltsames Vorwärtsdrängen, wahre Sturmläufe durch die Tonarten und eine stark kontrastierende Dynamik eine ungeheuer lebendige Atmosphäre, während den Hörer in den langsamen, elegischen Sätzen oft reine Poesie umgibt.
Zu den Künstlern
Frank-Michael Erben entstammt einer Leipziger Musikerfamilie und begann im Alter von 5 Jahren mit dem Violinspiel. Nach Abschluss seines Violinstudiums an der Hochschule für Musik Felix Mendelssohn Bartholdy Leipzig, wurde er, einundzwanzigjährig, zum 1. Konzertmeister des Gewandhausorchesters Leipzig gewählt.
Seit 1993 leitet er als Primarius das Gewandhaus-Quartett. Neben diesen Aufgaben gastiert Frank-Michael Erben als Solist in Europa, Nord- und Südamerika sowie dem Nahen Osten. Über 25 CD-Aufnahmen und mehrere DVD-Produktionen dokumentieren diese Arbeit und wurden u.a. mit dem Deutschen Schallplattenpreis ausgezeichnet. 2007 berief ihn das Orchester der Bayreuther Festspiele zum 1. Konzertmeister. In den vergangenen Jahren trat der Künstler auch verstärkt als Dirigent in Erscheinung.
Nach Gastdirigaten beim Hallenser Akademischen Orchester, dem Gewandhausorchester, dem Herzliya Chamber Orchestra (Israel), dem Royal Scottish National Orchestra, der Magdeburger Philharmonie sowie der musikalischen Komödie Leipzig, wählte ihn das Leipziger Symphonieorchester 2009 zu seinem Chefdirigenten. Diese Funktion hatte er bis 2014 inne.
Frank-Michael Erben ist gewähltes Ehrenmitglied des Beethoven Vereins Bonn und Träger des Internationalen Mendelssohn-Preises der Stadt Leipzig. Er spielt auf einer Violine des italienischen Geigenbauers J.B. Guadagnini aus dem Jahre 1755.
Alfredo Perl
ist ein chilenischer Pianist. Seine in Santiago de Chile bei Carlos Botto begonnene Ausbildung setzte Alfredo Perl an der Kölner Musikhochschule bei Günter Ludwig und in London bei Maria Curcio fort. Als Preisträger einiger bedeutender Klavierwettbewerbe – er gewann den 1. Preis beim Internationalen Klavierwettbewerb in Montevideo und nahm unter anderem erfolgreich am Busoni-Wettbewerb in Bozen und am Wiener Beethoven-Wettbewerb teil – spielte er sich bald in die Riege der wichtigsten Pianisten seiner Generation.
1996/97 führte er alle Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven in London (Wigmore Hall), Santiago de Chile und Moskau auf. Gleichzeitig spielte er die 32 Sonaten und die Diabelli-Variationen für das Label Arte Nova (BMG) in Kooperation mit Radio Bremen ein. Konzerte wie Einspielungen stießen auf sehr positive Resonanz. So schrieb der Musikkritiker Joachim Kaiser: „[…] mit großer unabgenutzter Frische, mit äußerster Zärtlichkeit und unaffektierter Brillanz demonstrierte er tröstlich, wie wenig die Tradition erfüllten und erfühlten Beethovenspiels auch in unseren prosaischen Zeiten aufhört.“
Weitere Einspielungen für dasselbe Label waren drei CDs mit Klaviermusik von Liszt, Brahms-Sonaten gemeinsam mit dem Klarinettisten Ralph Manno, Beethoven-Sonaten gemeinsam mit dem Cellisten Guido Schiefen sowie Klavierkonzerte von Grieg und Szymanowski (die Sinfonie Nr. 4, auch Sinfonia concertante). Es folgten Einspielungen für das Label Oehms-Classics, darunter Beethoven-Sonaten gemeinsam mit dem Geiger Benjamin Schmid und Klavierkonzerte von Liszt. Im März 2010 erschien eine Doppel-CD bei Celestial Harmonies mit den drei späten Schubert-Sonaten.
Perl spielte in Konzertsälen wie dem Großen Musikvereinssaal (Wien), dem Concertgebouw (Amsterdam) und dem Teatro Colón (Buenos Aires), trat bei renommierten Festivals wie dem Rheingau Musik Festival, dem Schleswig-Holstein Musik Festival, den Schwetzinger Festspielen, dem Internationalen Musikfestival in Bath und den Londoner Proms auf und konzertierte mit zahlreichen namhaften Orchestern, darunter dem Gewandhausorchester Leipzig, dem Orchestre de la Suisse Romande und dem London Symphony Orchestra. Seit 2007 ist er Professor für Klavier an der Hochschule für Musik Detmold, seit 2009 auch künstlerischer Leiter des Detmolder Kammerorchesters.
Im Jahr 2015 wurde Alfredo Perl gemeinsam mit Gerhild Romberger, Stephan Rügamer und dem Detmolder Kammerorchester mit dem ECHO Klassik in der Kategorie Kammermusikeinspielung des Jahres (Musik des 20./21. Jahrhunderts) ausgezeichnet.