Programmheft

© Beethoven-Haus, Bonn

PROGRAMM

Ludwig van Beethoven (1770–1827)

Sonate für Klavier und Violine G-Dur op. 96
Allegro moderato
Adagio espressivo
Scherzo. Allegro
Poco allegretto

Zum Programm
Die Begegnung Beethovens mit dem Erzherzog Rudolph von Österreich kann als Glücksfall gelten. In dem Habsburger fand Beethoven einen finanzkräftigen Mäzen, einen enthusiastischen Bewunderer seiner Musik, einen herausragenden Klavierschüler und seinen einzigen Kompositionseleven. Dazu entwickelte sich zwischen den beiden Männern eine Freundschaft, die nicht im Zerwürfnis endete – für Beethoven eher die Ausnahme. Wie hervorragend der Erzherzog als Pianist war, spiegeln die vielen ihm gewidmeten Werke Beethovens wider, die er selbst am Klavier uraufführte. Dazu gehört die Ende 1812 komponierte Violinsonate op. 96 – zugleich Beethovens zehnte und letzte für diese Besetzung. Für die Uraufführung war der 29. Dezember 1812 im Palais Lobkowitz vorgesehen. Am Klavier saß der Widmungsträger selbst. Die Violine spielte der damals berühmte französische Virtuose Pierre Rode, auf dessen Wunsch Beethoven das aus sieben Variationen bestehende Finale weniger virtuos hielt, als eigentlich vorgesehen:  „... so habe ich um der blosen Pünktlichkeit willen mich nicht so sehr mit dem letzten Stücke beeilt, umso mehr, da ich dieses mit mehr Überlegung in Hinsicht des Spiels von Rode schreiben musste, wir haben in unsern Finales gern rauschendere Passagen, doch sagt dies R nicht zu...“, ließ er den Erzherzog wissen. Wie sehr Rudolph von Österreich in seinem Spiel vom Genius des Meisters inspiriert war, blieb auch einem anwesenden Kritiker nicht verborgen, der konstatierte, „dass der Klavierpart weit vorzüglicher, dem Geiste des Stücks mehr anpassend, und mit mehr Seele vorgetragen ward, als jene der Violine.“ Der Musik aber tat Beethovens Einlenken auf die Befindlichkeiten des Violinisten keinen Abbruch. Man war des Lobes voll. Besagter Kritiker bescheinigte dem Werk „Popularität, Witz und Laune“, der Beethoven-Biograph Alexander Thayer schwärmte vom „sinnigen, anschauenden Genießen, Heiterkeit, Glück“ und „Zufriedenheit“ im ersten Satz, von der „breiten Kantilene, von starkem Ausdruck verhaltener Leidenschaftlichkeit“ im zweiten und vom „jovialen Humor“ der beiden Schlußsätze.

Die Künstler
Frank-Michael Erben entstammt einer Leipziger Musikerfamilie und begann im Alter von 5 Jahren mit dem Violinspiel. Nach Abschluss seines Violinstudiums an der Hochschule für Musik Felix Mendelssohn Bartholdy Leipzig, wurde er, einundzwanzigjährig, zum 1. Konzertmeister des Gewandhausorchesters Leipzig gewählt.
Seit 1993 leitet er als Primarius das Gewandhaus-Quartett. Neben diesen Aufgaben gastiert Frank-Michael Erben als Solist in Europa, Nord- und Südamerika sowie dem Nahen Osten. Über 25 CD-Aufnahmen und mehrere DVD-Produktionen dokumentieren diese Arbeit und wurden u.a. mit dem Deutschen Schallplattenpreis ausgezeichnet. 2007 berief ihn das Orchester der Bayreuther Festspiele zum 1. Konzertmeister. In den vergangenen Jahren trat der Künstler auch verstärkt als Dirigent in Erscheinung.
Nach Gastdirigaten beim Hallenser Akademischen Orchester, dem Gewandhausorchester, dem Herzliya Chamber Orchestra (Israel), dem Royal Scottish National Orchestra, der Magdeburger Philharmonie sowie der Musikalischen Komödie Leipzig, wählte ihn das Leipziger Symphonieorchester 2009 zu seinem Chefdirigenten. Diese Funktion hatte er bis 2014 inne.

Frank-Michael Erben ist  gewähltes Ehrenmitglied des Beethoven-Vereins Bonn und Träger des Internationalen Mendelssohn-Preises der Stadt Leipzig. Er spielt auf einer Violine des italienischen Geigenbauers J.B. Guadagnini aus dem Jahre 1755.

Alfredo Perl ist ein chilenischer Pianist. Seine in Santiago de Chile bei Carlos Botto begonnene Ausbildung setzte er an der Kölner Musikhochschule bei Günter Ludwig und in London bei Maria Curcio fort. Als Preisträger einiger bedeutender Klavierwettbewerbe – er gewann den 1. Preis beim Internationalen Klavierwettbewerb in Montevideo und nahm unter anderem erfolgreich am Busoni-Wettbewerb in Bozen und am Wiener Beethoven-Wettbewerb teil – spielte er sich bald in die Riege der wichtigsten Pianisten seiner Generation.
1996/97 führte er alle Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven in London (Wigmore Hall), Santiago de Chile und Moskau auf.
Gleichzeitig spielte er die 32 Sonaten und die Diabelli-Variationen für das Label Arte Nova (BMG) in Kooperation mit Radio Bremen ein. Konzerte wie Einspielungen stießen auf sehr positive Resonanz. So schrieb der Musikkritiker Joachim Kaiser: „[…] mit großer unabgenutzter Frische, mit äußerster Zärtlichkeit und unaffektierter Brillanz demonstrierte er tröstlich, wie wenig die Tradition erfüllten und erfühlten Beethovenspiels auch in unseren prosaischen Zeiten aufhört.“
Weitere Einspielungen für dasselbe Label waren drei CDs mit Klaviermusik von Liszt, Brahms-Sonaten gemeinsam mit dem Klarinettisten Ralph Manno, Beethoven-Sonaten gemeinsam mit dem Cellisten Guido Schiefen sowie Klavierkonzerte von Grieg und Szymanowski (die Sinfonie Nr. 4, auch Sinfonia concertante). Es folgten Einspielungen für das Label Oehms-Classics, darunter Beethoven-Sonaten gemeinsam mit dem Geiger Benjamin Schmid und Klavierkonzerte von Liszt. Im März 2010 erschien eine Doppel-CD bei Celestial Harmonies mit den drei späten Schubert-Sonaten.

Perl spielte in Konzertsälen wie dem Großen Musikvereinssaal (Wien), dem Concertgebouw (Amsterdam) und dem Teatro Colón (Buenos Aires), trat bei renommierten Festivals wie dem Rheingau Musik Festival, dem Schleswig-Holstein Musik Festival, den Schwetzinger Festspielen,  dem Internationalen Musikfestival Bath und den Londoner Proms auf und konzertierte mit zahlreichen namhaften Orchestern, darunter dem Gewandhausorchester Leipzig, dem Orchestre de la Suisse Romande und dem London Symphony Orchestra. Seit 2007 ist er Professor für Klavier an der Hochschule für Musik Detmold, seit 2009 auch künstlerischer Leiter des Detmolder Kammerorchesters.

Im Jahr 2015 wurde Alfredo Perl gemeinsam mit Gerhild Romberger, Stephan Rügamer und dem Detmolder Kammerorchester mit dem ECHO Klassik in der Kategorie Kammermusikeinspielung des Jahres (Musik des 20./21. Jahrhunderts) ausgezeichnet.